Creality CR-200B
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Philipp hat seinen beruflichen Werdegang als Praktikant in einer Werbeagentur begonnen und ist mit verantwortlich für das Design von Bierdeckeln, Werbetafeln und einem Fan-Bus eines großen Fußballvereins. Danach folgte der erste Schritt zum Journalismus: Ein Volontariat bei PC-Zeitschriften, die heute kaum noch jemand kennt - PC Direkt und PC Professionell. Dann folgte ein mehrjähriger Ausflug in die Welt des Marketings, PR-Arbeit und Qualitätsmanagement in einem mittelständischen Handelsunternehmen.
Seit 2015 ist Philipp bei Heise im Team von Bestenlisten aktiv. Hier bringt er auch seine privaten Interessen ein und deshalb für Drohnen, Laser, Balkonkraftwerke, Powerstations und zahlreiche China-Gadgets wie Handwärmer, USB-Lötkolben oder Mini-Taschenlampen zuständig.
Der FDM-Drucker Creality CR-200B verspricht auspacken, anschließen, losdrucken – ohne Basteln. Für 400 Euro gibt’s geschlossenem Bauraum, niedrige Lautstärke und ein tolles Design. Wird das der neue 3D-Drucker für die Masse?
Der CR-200B vom Hersteller des beliebten Ender 3 (Testbericht) ist für rund 400 Euro erhältlich. In dieser Preisklasse finden sich hauptsächlich Drucker-Bausätze, wie Sapphire Plus (Testbericht), Tronxy X5A-Pro (Testbericht) oder Anet ET5 Pro (Testbericht), weshalb das Gerät insbesondere für Einsteiger sehr interessant zu sein scheint.
Hinweis: Für diesen Artikel hat uns der Creality Store eine Vorabversion des CR-200B zugeschickt. Obwohl wir den Drucker ausführlich getestet haben, bekommt das Gerät von uns keine Bewertung. Die von uns im Laufe der Tests festgestellten Probleme sollen laut Hersteller behoben sein. Da wir aber kein weiteres Testgerät erhalten haben, können wir das nicht verifizieren und halten uns zurück.
Der CR-200B ist ein schicker, fertig montierter FDM-Drucker mit geschlossenem Gehäuse. Die Außenabmessungen von 411 x 435 x 503 mm wirken im Hinblick auf den 200 x 200 x 200 mm großen Bauraum verhältnismäßig ausladend. Trotzdem ist der Drucker noch ausreichend kompakt, um auch auf Werkbank (Ratgeber) oder Schreibtisch Platz zu finden. Das mit einem LED-Streifen beleuchtete Gehäuse besteht aus schwarzem und weißem Plastik. Die beiden Seitenwände und die magnetisch gehaltene Tür sind durchsichtig.
Neben einem beheizten Druckbett mit Glas-Auflage verfügt der Drucker über einen Filament-Sensor, ein 4,3-Zoll-Farb-Touchdisplay zur Bedienung und ein Silent Mainboard mit leisen Motorentreibern. Die Glasplatte ist, anders als bei den meisten anderen FDM-Druckern, mit einer praktischen Schnellverriegelung am Heizbett befestigt. Dieses erreicht maximal 100 °C, was zusammen mit dem geschlossenen Bauraum auch die Verarbeitung von ABS erlaubt. Mit Filament-Sorten wie PLA, Wood, PETG kommt der Drucker ebenfalls klar. Für die Verarbeitung von flexiblem TPU ist der CR-200B nicht oder nur bedingt geeignet.
Grund hierfür ist der eingesetzte Bowden-Extruder, welcher sich über dem Filament-Rollenhalter auf der Rückseite befindet. Das Hotend erreicht Temperaturen von bis zu 260 °C und ist mit einer 0,4-mm-Nozzle ausgestattet. 1,75-mm-Filament druckt das Gerät in Schichtdicken zwischen 0,1 und 0,4 mm. Die Druckdaten gelangen per Micro-SD-Speicherkarte oder eine USB-Verbindung auf den Drucker. Zukünftig soll auch eine Bedienung per WLAN und App möglich sein.
Beim CR-200B setzt der Hersteller auf die XY-Core-Bauweise. Hier bewegt sich das Druckbett entlang der Z-Achse; für die Bewegungen auf der X- und Y-Achse ist der Druckkopf zuständig. Das Druckbett ist, anders als beispielsweise beim Tronxy X5SA (Testbericht), lediglich auf einer Seite an der Z-Achse befestigt, was die gesamte Konstruktion anfällig für Erschütterungen macht. Steht der Drucker auf einem Tisch, sollte man lieber nicht während des Druckvorgangs daran arbeiten, da das Heizbett durch jede kleine Bewegung ins Schwingen gerät. Schade, hier wäre aus unserer Sicht eine doppelte Achsführung an den Seiten sinnvoller gewesen. Eine empfohlene oder maximale Druckgeschwindigkeit gibt der Hersteller in den technischen Daten nicht an. In unseren Test haben wir mit 65 mm/s sehr ordentliche Ergebnisse erzielt, was durchschnittlich ist. Zum Vergleich, der kürzlich getestete Sapphire Pro (Testbericht) in XY-Core-Bauweise arbeitet mit über 100 mm/s.
Eine Auto-Leveling-Funktion ist beim CR-200B nicht vorhanden. Das ist zwar für erfahrene Nutzer verschmerzbar, da ein fertig aufgebauter Komplett-Drucker aber besonders interessant für Anfänger ist, hätten wir uns dieses Upgrade wirklich gewünscht.
Während des Tests nutzen wir die Open-Source-Software Cura (Download). Was die Slicing-Software macht und wofür man sie braucht, findet sich in unserem Ratgeber 3D-Drucker: Alle wichtigen Informationen für den Einstieg.
Die Vorfreude beim Auspacken des Druckers ist groß: Endlich mal wieder ein fertig montierter FDM-Drucker, bei dem man weder Schrauben noch Basteln muss. Das Auspacken und Entfernen der Transportsicherungen dauert in der Tat nur 2 Minuten. Dann steht der CR-200B augenscheinlich einsatzbereit vor uns auf dem Tisch. Bei der Begutachtung des Innenraums fällt uns dann aber schnell ein Problem auf. Irgendetwas stimmt mit der Aufhängung des Druckbetts nicht. Der Grund hierfür ist schnell gefunden: Die beiden Schrauben, mit denen der Z-Motor am Gehäuse befestigt ist, haben sich wohl beim Transport gelöst. Der Motor und die Antriebsspindel sind so nach unten ins Gehäuse gerutscht. Unsere Versuche, den Motor vom Druckraum aus anzuheben und ihn wieder zu montieren, schlagen fehl. Und schlimmer noch: Beim Versuch, den Motor zu verschrauben, bekommt ein Kollege einen ordentlichen Stromschlag. Zugegeben, es ist nicht gerade klug, den Drucker eingesteckt zu lassen, während man daran rumbastelt – doch das sollte dann doch nicht passieren.
Um irgendwie an den Motor zu gelangen, müssen wir zunächst das Unterteil öffnen. Unsere Hoffnung, die nötige Stelle über eine kleine Wartungsklappe an der Unterseite zu erreichen, wird enttäuscht. Die Klappe führt lediglich zum Mainboard. An die Motoren kommen wir so nicht heran.
Erst nachdem wir dutzende Schrauben an Unterseite und Rückseite entfernt und den kompletten Extruder abmontiert haben, kommen wir tatsächlich an den Motor heran. Obwohl wir diesen nun gut zu greifen bekommen, ist die Montage immer noch sehr fummelig. Grund hierfür: Die Schraubenlänge ist derart knapp bemessen, dass nur wenige Windungen für Halt sorgen. Laut Creality ist dieser Bug nur ein Problem des Vorab-Modells, bei den Seriendruckern sollen die Schrauben länger sein.
Der heruntergefallene Motor hat beim Transport darüber hinaus noch das Erdungskabel von der Buchse des Stromanschlusses abgezogen. Das Ende baumelt bei unserem Vorserienmodell lose im nicht einsehbaren Teil des Druckers herum. Die knapp bemessene Kabellänge macht’s nicht einfacher. Nachdem wir die Steckverbindung mit einer Zange zusammengedrückt haben, hält das Kabel wieder. Dies ist allerdings eine Notlösung. Auch das sollte laut Hersteller behobeen sein.
Bis wir die beiden Probleme gelöst und den CR-200B wieder fertig zusammengeschraubt hatten, sind etwa eineinhalb Stunden vergangen. Zum Vergleich: Der vormontierte Bausatz des Anet ET5 Plus (Testbericht) war nach gut 20 Minuten einsatzbereit. Der große Vorteil des Fertig-Druckers ist also schnell dahin, einen Stromschlag gabs’s noch dazu – und das nur, weil zwei Schrauben ein paar Millimeter zu kurz waren.
Ein Handbuch liegt unserem Drucker zwar bei, allerdings ist diese weder besonders ausführlich noch besonders hilfreich. Eine ordentliche Schritt-für-Schritt-Anleitung als PDF wäre hier deutlich hilfreicher als das extrem knappe und unzureichend bebilderte Heftchen.
Wer bereits Erfahrung mit FDM-Druckern hat, kommt auch ohne entsprechendes Schriftstück zurecht. Die Bedienung per Touchscreen ist intuitiv und unproblematisch. Die Menüführung hinterlässt einen positiven Eindruck. Hier hat Creality viel richtig gemacht. Nach dem Einschalten dauert es gut fünf Sekunden, bis der Drucker hochgefahren ist.
Den Leveling-Vorgang machen wir ohne das Glas-Druckbett. Und das ist gut so, denn der Endschalter der Z-Achse hätte zu spät ausgelöst. Die Nozzle, also die Druckspitze, wäre direkt im Druckbett eingeschlagen. Um das Problem zu lösen, müssen wir lediglich eine Stellschraube um einige Millimeter herausdrehen. Nun löst der Endstop rechtzeitig aus und wir können die Plattform zusammen mit der Glas-Auflage leveln. Steht halt nur nirgends, und wenn wir nicht schon Dutzende 3D-Drucker zusammengebaut hätten, wäre das ein Show-Stopper gewesen.
Jetzt laden wir den Extruder mit Filament und starten den Druck einer Musterdatei auf der im Lieferumfang enthaltenen Speicherkarte. Nach einer knapp fünfminütigen Aufwärmphase nimmt der CR-200B die Arbeit auf und der Druckkopf beginnt seine Bahnen zu ziehen. Das Ergebnis des ersten Versuchs, ein kleiner Hase, sieht auf Anhieb gut aus. Die Haftung auf dem Druckbett ist hervorragend; im abgekühlten Zustand bekommen wir das Objekt ohne großen Kraftaufwand gelöst.
Was während des Druckvorgangs auffällt, ist die angenehm niedrige Lautstärke. Von den Bewegungen der Motoren ist praktisch nichts zu hören. Einzig das dauerhafte Rauschen des Druckkopf-Lüfters ist zu hören – und viel zu laut. Schade, denn mit einem hochwertigen Silent-Lüfter wäre das Gerät in Sachen Lautstärke wohnzimmertauglich.
Als nächstes wollen wir den bekannten Benchy-Stresstest, ein kleines Schiffchen, drucken. Als Slicing-Software legt Creality eine abgewandelte Version von Cura bei. Leider ist diese nicht aktuell und lediglich als Windows-Version vorhanden. Ein fertiges Profil für den CR-200B suchen wir ebenfalls vergeblich – sowohl auf dem Stick, als auch auf der Webseite des Herstellers. Theoretisch ist das nicht dramatisch, da man sich das Profil auch selbst zusammenstellen kann. Für einen Fertig-Drucker ist das allerdings enttäuschend. Hier bleibt nur zu hoffen, dass Creality künftig ein passendes Profil beilegt oder zum Download bereitstellt. Zwar zeigt das Handbüchlein ein paar Screenshots mit den richtigen Einstellungen, aber erstens sieht Cura inzwischen anders aus, zweitens überlappen sich die Screenshots, so das nicht alles zu erkennen ist, und drittens fehlt dann ein Start-G-Code, der etwas Filament extrudiert und die Nozzle abstreift – unserer Erfahrung nach ist das zwingend nötig für ein gutes Ergebnis.
Anbei zeigen wir unsere im Test benutzten Cura-Settings. Damit der Druckkopf vor dem eigentlichen Druckvorgang einmal überschüssiges Filament abstreift, haben wir zusätzlich den G-Code in Cura ergänzt. Wie das geht, erfährt man beispielsweise hier. Was die Slicing-Software macht und wofür man sie braucht, findet sich in unserem Ratgeber 3D-Drucker: Alle wichtigen Informationen für den Einstieg.
Unsere so in Cura vorbereiteten Drucke gelingen alle und sehen trotz fehlendem Feintuning sehr ordentlich aus. Die Objektoberflächen sind schön gleichmäßig und es treten weder Bloobs, Layershifts oder Fäden-Ziehen auf. Zwar gibt es qualitativ auch noch Luft nach oben, wie wir beispielsweise an der Türöffnungen des Benchy sehen, aber insgesamt sind wir mit der Qualität sehr zufrieden.
Der Creality CR-200B kostet aktuell 399 Euro, was im Hinblick auf den nur durchschnittlichen Bauraum zwar recht teuer, für einen Fertig-Drucker mit geschlossenem Gehäuse und tollen Druckergebnissen aber völlig gerechtfertigt ist. Allerdings gilt dies nur, wenn bei der endgültigen Verkaufsversion des Druckers die Probleme mit den Motorschrauben und dem Erdungskabel gelöst sind.
Zum Vergleich zeigen wir in folgender Übersicht zusätzlich die beliebtesten FDM-Drucker bis 400 Euro.
Der Test des Vorabmodels des Creality CR-200B hinterlässt gemischte Gefühle. Zum einen sind da das schicke, geschlossene Gehäuse, die niedrige Lautstärke und das überdurchschnittlich gute Druckbild. Auch das Glas-Druckbett und die Menüführung haben uns überzeugt. Abgesehen vom zu lauten Lüfter hätte der Drucker soweit eine Kaufempfehlung verdient. Zusammen mit einer vernünftigen Anleitung wäre das Gerät auch für Einsteiger gut geeignet.
Auf der anderen Seite steht allerdings die Enttäuschung über die Probleme mit den dem Z-Motor und mit dem losen Erdungskabel. Auch das Fehlen eines Leveling-Sensors, eines vorkonfigurierten Druckerprofils und einer vernünftigen Anleitung sind für einen fertig aufgebauten 400-Euro-Drucker enttäuschend. Laut Creality sollen zumindest die Probleme mit der Hardware nur auf unser Vorserienmodell zurückzuführen sein. Diese dürften also beim Endprodukt nicht mehr auftreten. Auch ein Slicing-Profil soll zukünftig zum Download angeboten werden. Unser CR-200B ist im Ist-Zustand auf jeden Fall nur für erfahrene Nutzer empfehlenswert.
Da wir aktuell nicht überprüfen können, ob der Hersteller die Probleme bei der Endkundenversion tatsächlich behoben hat, bekommt der Drucker keine Bewertung. Aus unserer aktuellen Sicht sollte man, trotz des Zeitaufwands, vor allem den richtigen Sitz des Erdungskabels vor der Inbetriebnahme sowie die Festigkeit der Z-Achsenaufnahme überprüfen, bevor man den CR-200B in Betrieb nimmt.
Wer einen nachweislich, ab Werk ordentlich, aufgebauten Drucker haben möchte, sollte sich den Einzeltest des Qidi X-Plus (Testbericht) ansehen. Wer bereit ist 15 bis 20 Minuten in den Zusammenbau zu investieren, sollte sich beispielsweise den Anet ET 5 Pro (Testbericht) ansehen. Soll es die XY-Core-Bauweise sein, empfehlen wir einen Blick auf die Modelle Sapphire Plus (Testbericht) oder Tronxy X5SA Pro (Testbericht).