Viphone 11 Pro Max: Der dreiste Klon des Apple iPhone 11 Pro Max
Dieses billige Smartphone will ein iPhone 11 Pro Max sein – und überschreitet damit deutlich die Grenze zur Produktpiraterie. Wir haben es ausprobiert und zeigen bessere Alternativen.
Wer nicht genau hinschaut, denkt es handelt sich um ein mindestens 1100 Euro teures iPhone 11 Pro Max. Die Maße sind identisch, das Apple-Logo prangt auf der Rückseite, die Kameraeinheit ist ähnlich und sogar die Android-Oberfläche orientiert sich an iOS. Dabei handelt es sich hier um einen billigen Apple-Klon, der je nach Händler zwischen 80 und 120 Euro kostet. Wir haben uns das Viphone 11 Pro Max genauer angeschaut und festgestellt, dass es kaum für mehr als einen kurzen Lacher taugt.
Es gibt Apple-Klone aus anderen Produktkategorien wie Kopfhörer (Airpods vs. Fakepods) und Smartwatches (Apple-Watch-Klone ab 30 Euro) die weniger dreist sind und sich dank ihres günstigen Preises tatsächlich lohnen. Wir zeigen außerdem Android-Smartphones um die 100 Euro, die man im Gegensatz zum Viphone 11 Pro Max wirklich im Alltag nutzen kann.
Die optische Ähnlichkeit des Viphone 11 Pro Max zum iPhone 11 Pro Max ist frappierend. Sein Rahmen ist aus einem (weichen) Metall, die Rückseite aus Glas mit Apple-Logo auf dessen Mitte. Die Knöpfe sitzen an der richtigen Stelle, es gibt einen funktionierenden Schalter für lautlos/klingeln und die Maße sind identisch. Die Ähnlichkeit geht sogar so weit, dass für das iPhone 11 Pro Max vorgesehene Hüllen (Kaufberatung) annähernd perfekt auf das Viphone 11 Pro Max passen.
Die Kameraeinheit besteht aus drei einzelnen Modulen. Hier hat sich der chinesische Produktpirat allerdings wenig Mühe gegeben. Nicht nur, dass zwei der drei Linsen Fake sind. Auch will der billig wirkende Kunststoffsockel so gar nicht zur sonst so edlen (kopierten) Apple-Optik passen.
Beim ersten Hochfahren begrüßt uns ein weißes Apple-Logo auf schwarzem Hintergrund, gefolgt vom Sperrbildschirm, der ebenfalls deutlich an iOS erinnert. Im weiteren Verlauf wirkt vieles erschreckend und faszinierend zugleich wie das Betriebssystem aus Cupertino. Dabei ist das meiste eingedeutscht, Rechtschreibfehler finden wir erstaunlich wenige.
Das Viphone beherrscht Gestensteuerung. Wer von rechts-oben nach unten wischt, kommt in die Apple-typischen Schnelleinstellungen. Von links-oben nach unten gewischt öffnet sich das Notification-Center. Die vorinstallierten Apps Facetime und Watch sehen nach dem ersten Öffnen erst einmal hübsch aus, sind aber komplett funktionslos. Homekit funktioniert bis zum Einscannen des QR-Codes, den das Viphone wenig überraschend nicht erkennt. Karten, Freunde und iPhone-Suche öffnen Google Maps. Die Kalender-App funktioniert genauso wie die Uhr, Wetter, Notizen, Kontakte, Sprachmemos, Rechner und Kompass ausreichend gut, alles konsequent in Apple-Optik. Der App Store führt zu einem App-Store-ähnlichen Download-Portal. Hier stehen populäre Apps wie Tiktok und Whatsapp bereit. Beim Ausprobieren versagten die meisten den Download. Zumindest ein paar wenige wie Line installierten sich auf dem Smartphone. Das Viphone hat außerdem einen vorinstallierten Playstore.
Das Einstellungsmenu bedient sich am Look&Feel des Apple-User-Interfaces. Der Look-alike geht sogar so weit, als Betriebssystem iOS 13.1 anzugeben. In Wirklichkeit liegt ihm das 2015 veröffentlichte und damit gnadenlos veraltete Android 6 zugrunde. Wer hier auf ein Update hofft, glaubt auch an den Weihnachtsmann.
Die Displaydiagonale des Viphone soll laut Datenblatt 6,5 Zoll betragen, was der des Originals entsprechen würde. Nachgemessen kommen wir eher auf 6,2 Zoll. Damit sind die Ränder deutlich breiter als beim iPhone 11 Pro Max, aber noch immer im angemessenen Rahmen. Die maximale Helligkeit des 1520 × 720 Pixel auflösenden Displays ist ausreichend, die Farbwiedergabe ziemlich gut und die Blickwinkel sind erstaunlich stabil. Sieht man auf die Pixel pro Zoll (ppi), dann zeigt sich ein ganz anderes Bild: Wo das iPhone 11 Pro Max mit 458 ppi Inhalte knackscharf darstellt, kommt das Viphone gerade mal auf knapp 272 ppi. Mehr zum Thema Displays haben wir in unserem Bildschirm-Kompendium Smartphone Displays: Panels, Auflösung und Bildraten erklärt zusammengestellt.
Am oberen Displayrand befindet sich die Apple-typische, viel zu breite Notch mit Lautsprecher, Helligkeitssensor und Kamera, die sogar genutzt werden kann, um mit dem eigenen Gesicht das Gerät zu entsperren. Selbstredend nicht annähernd so sicher wie Apples Face ID mit Punktprojektor und Infrarotkamera.
Wie oben erwähnt funktioniert von den drei Kameras auf der Rückseite nur eine. Sie löst mit 13 Megapixel auf. Ihre Qualität ist auf absolutem Einstiegsniveau und nicht mal annähernd mit der des iPhone 11 Pro Max vergleichbar. Die Bilder wirken stets, als wäre die Linse verschmiert. Die Farben sind zu blass, an den Ränder entsteht deutliche Unschärfe. Bei dunklen Umgebungen kommt es zum Vollversagen. Die Frontkamera schafft 5 Megapixel, die Selfie-Qualität ist farbarm, aber erstaunlich detailliert. Die Kameraoberfläche hat nicht mit iOS zu tun, sondern zeigt deutlich das zugrundeliegende Android-OS. Wer Wert auf eine hohe Bildqualität legt, sollte sich unsere Bestenliste: Die 10 besten Kamera-Smartphones anschauen. Beim Viphone findet er sich sie nicht.
Die große Überraschung zuerst: Das Viphone 11 Pro Max kann die kabellose Ladetechnik Qi! Das war in dieser Preiskategorie nicht zu erwarten. Üblicherweise kosten Qi-fähige Smartphones mindestens das dreifache, wie unser Ratgeber Die besten Qi-Smartphones für kabelloses Laden bis 400 Euro zeigt. Wer sich für ein Qi-Ladegerät interessiert, dem empfehlen wir unseren Beitrag Die besten Qi-Ladegeräte 2020 - Zehn im Vergleichstest .
Bezüglich der Akkukapazität und Laufzeit fällt der iPhone-Fake durch. Die angeblichen 2600 mAh bringen das Gerät bei normaler Nutzung kaum über den Tag. Geladen wird es neben Qi über das mitgelieferte Lightning-Kabel.
Das Viphone kommt mit einem Mediatek MT6580M SoC, unterstützt von 1 GByte RAM. Der Prozessor gehört zu den günstigsten aktuell verwendeten Modellen und kommt sonst eher in noch viel billigeren Smartphones zum Einsatz. Dabei vermiest seine schlechte Performance jegliche aufkeimende Freude beim Nutzen des iPhone-Klons.
Die Nutzung der vorinstallierten Apps geht dabei noch. Richtig lahm, fast schon unbrauchbar wird es, wenn man aus dem Playstore Apps herunterlädt. Zum einen kann der Installationsprozess 10 bis 30 Minuten dauern, zum anderen verweigern Spiele wie Asphalt 8 den Start. Viele Apps wie Fortnite und Pubg stehen gar nicht zum Download bereit, was am aus der Zeit gefallenen Android 6 liegt. Allein schon das disqualifiziert das Viphone, mehr als nur ein guter Witz zu sein.
Wir raten deutlich vom Kauf des Viphone 11 Pro Max ab. Zwar erzeugt es durch seine Ähnlichkeit zum iPhone 11 Pro Max und des günstigen Preises einen kurzen Wow-Effekt. Der klingt aber ratzfatz ab, sobald man versucht, den billigen Klon tatsächlich zu verwenden. Ganz abgesehen davon verletzt das Gerät Markenrechte. Das kann bei einer Einfuhr nach Europa zu Problemen beim Zoll führen.
Doch Alternativen um die 100 Euro, die dann auch noch wirklich nutzbar sind, gibt es zuhauf. Die folgenden Modelle kosten zwischen 100 und 120 Euro, sind ab dem Jahr 2019 produziert, kommen mit dem aktuellen Android 10, haben 2 GByte RAM, 32 GByte internen Speicher und einen Akku mit einer Kapazität von mindestens 3000 mAh. Damit sind sie dem Viphone haushoch überlegen.
Markenrechtlich etwas weniger kritisch sind optische Airpods Klone. Schließlich wird hier weder Markenname noch Logo geklaut. Die chinesischen Hersteller orientieren sich überwiegend optisch an den beliebten Apple-In-Ears. Technisch können sie den Originalen nicht das Wasser reichen.
Diese sehr günstigen und komplett kabellosen Kopfhörer im Apple-Look sind bereits im Mainstream angekommen. So verkauft Aldi die Maginon BIK-3 (ausprobiert) am 28.05.2020 in ihren Filialen für 25 Euro und online für 35 Euro. Doch es geht deutlich günstiger. Bemerkenswert günstig sind aktuell die Denver TWE-36MK2. Sie kosten bei Conrad inklusive Ladecase 16 Euro. Auch die TWS i12 sind mit 17 Euro nicht viel teurer. Aber Achtung: Klanglich sollte man keine zu hohen Ansprüche stellen. Wir haben einige der Billigheimer ausprobiert, keiner überzeugte klanglich auf voller Linie. Meist sind die Mitten überbetont und der Bass kaum vorhanden. Für Podcasts und ähnliches eignen sie sich in der Regel jedoch ganz gut.
Wir empfehlen dazu unseren Ratgeber Airpods vs. Fakepods: Was taugen die Klone aus China?
Wer ein iPhone hat und eine richtig gute Smartwatch will, kommt an der Apple Watch nicht vorbei. Sie überflügelt ins so ziemlich jeder Kategorie ihre Konkurrenz. Aber sie arbeite im vollen Funktionsumfang nur mit iPhones zusammen und kostet in der aktuellen Version mindestens 400 Euro. Wer Android nutzt und weniger Geld ausgeben will, findet um die 100 Euro gute Smartwatches und Fitnesstracker in der Optik der Apple Watch.
Empfehlen können wir etwa die gut 100 Euro teure Huami Amazfit GTS (ausprobiert) . Sie ähnelt optisch stark dem Apple-Vorbild, bietet eine sehr gute Verarbeitung mit Metall-Rahmen, eine Wasserdichtigkeit bis 50 m und ein sehr schönes, helles und farbenfrohes 1,65-Zoll-OLED-Touch-Display mit einer Auflösung von starken 442×348 Pixeln, welches auch bei direkter Sonneneinstrahlung gut ablesbar ist. Dabei schafft es die Amazfit GTS sogar, das Gewicht sowie die Maße der Apple Watch zu unter- und die Akkulaufzeit zu überbieten. Huami gibt hier zehn Tage an. In der Praxis sind es sogar deutlich mehr.
Mit gut 50 Euro nur etwa halb so viel kostet die Huami Amazfit Bip. Sie ist der Vorgänger der Amazfit GTS und ähnelt der Apple Watch ebenfalls. Ihr Display löst mit 127 × 127 Pixel deutlich geringer auf, das Display ist mit 1,28 Zoll auch viel kleiner und damit die Displayränder dicker. Das Gehäuse besteht aus Kunststoff. Wasserdicht ist die Bip dennoch und auch GPS ist mit an Bord. Was die Akkulaufzeit betrifft, überflügelt die Amazfit Bip die meisten Konkurrenzmodelle um Längen. So soll der kleine 190 mAh-Akku die Uhr 45 Tage lang am Laufen halten.
Deutlich hochwertiger aber mit gut 165 auch viel teurer ist die Fitbit Versa 2 (Testbericht) . Sie bietet unter anderem standardmäßig die Bezahloption Fitbit Pay über NFC, ausgereifte Fitness-Optionen und ein richtig schickes Display. Dieses ist 1,4 Zoll groß, löst 300 × 300 Pixel auf und nutzt OLED-Technik. Vor allem schont OLED den Akku, da schwarze Pixel keine Energie umwandeln. Dieser hält bei normaler Nutzung etwa fünf bis sechs Tage, bei aktiviertem Always-On-Display halbiert sich die Zeit.
Das Viphone 11 Pro Max ist amüsant, mehr aber auch nicht. Es sieht dem iPhone 11 Pro Max außer der Kameraeinheit zum Verwechseln ähnlich. Sogar an Details wie einen funktionierenden Schalter für lautlos/klingeln und einer kabellosen Qi-Ladefähigkeit wurde gedacht. Auch das iOS-Skin für das zugrundeliegende Android orientiert sich am Apple-Betriebssystem.
Was das Viphone 11 Pro Max außer der offensichtlichen Verletzung von Markenrechten zusätzlich disqualifiziert, ist sein mieser Prozessor, der offenbar mit dem angepassten Android kaum zurechtkommt. Gerade die Installation und Nutzung zusätzlicher Apps gestaltet sich als schwierig bis unmöglich. Wir raten stark von einem Kauf ab.
Günstige Alternativen gibt es zuhauf, etwa das Samsung Galaxy A10 für gut 110 Euro. Das hat dann auch gleich das aktuelle Android 10 und nicht wie das Viphone das gut vier Jahre alte Android 6. Wer ein günstiges iOS-Smartphone will, greift aktuell am besten zum iPhone SE 2020 oder seinen Alternativen . Es geht auch günstiger, wie unsere Top 10 der Smartphones mit Android 10 bis 250 Euro zeigt.