Filmrolle und Videokassette: Richtig digitalisieren ab 10 Euro
Stefan schrieb schon während seines Studiums für ein kleines Printmagazin im Ruhrpott Spieletests und kam durch glückliche Fügung nach Berlin. Dort arbeitete er anfangs als Redakteur, später als leitender Testredakteur fast 15 Jahre bei Areamobile. Für Heise Bestenlisten testete er bis 2025 auch Saug- und Mähroboter, Lautsprecher, Modellflugzeuge sowie allerhand andere technische Spielereien.
Schmalfilm war in den 70ern sehr beliebt, heute gibt es kaum noch Abspielgeräte. Ähnlich ist es bei Videorekordern - die sind zwar jünger, aber ebenfalls fast ausgestorben. Wir zeigen, wie man alte Filme richtig digitalisiert.
Je nach Filmmedium gibt es unterschiedliche Möglichkeiten der Digitalisierung. So lassen sich alte 8-Millimeter-Filmrollen entweder durch finanziellen oder zeitlichen Aufwand selbst digitalisieren, einfacher und günstiger ist aber das Digitalisieren von Videokassetten. Wer das nicht selbst machen will, kann auf Profis zurückgreifen.
Dieser Artikel ist der zweite Teil zum Digitalisieren von alten Medien. Im ersten Teil zeigen wir das richtige Digitalisieren von Dias, Fotos und Negativen (Ratgeber) .
Alte Schmalfilmrollen, wie sie in den 70er-Jahren in Deutschland stark verbreitet waren, leiden bei falscher Lagerung. Ähnlich anderen Film- und Fotomedien sind auf Dauer Temperaturen über 20 Grad Celsius und direkte Sonneneinstrahlung schädlich, da sich das Filmmaterial dann schneller zersetzt. Zu hohe Luftfeuchtigkeit kann zu Schimmel führen und Staub und Schmutz schädigt das Material ebenfalls. Dagegen helfen Dosen aus chemisch neutralem Weißblech, die anschließend liegend gelagert werden sollten. Auch wenn Super-8-Filme theoretisch bei optimaler Lagerung bis zu 100 Jahre alt werden können, leidet die Qualität der darauf gebannten Inhalte. Ein Backup in digitaler Form ist daher nicht verkehrt.
Sinnvoll ist wie bei Dias eine Reinigung der Filmrollen - vor der Digitalisierung, aber auch zur Pflege, um die Geschmeidigkeit des Materials zu erhalten. Das geschieht in Eigenregie am einfachsten mit einem antistatischen Mikrofasertuch, das in Filmreinigungsmittel eingelegt wurde. Der Film sollte dabei langsam durch einen Filmumspuler geführt und von beiden Seiten gereinigt werden. Dabei ist es wichtig, behutsam vorzugehen, um Kratzer oder Schlierenbildung zu vermeiden. Anschließend sollte das Material trocknen oder mit trockenem Tuch nachbehandelt und erst dann wieder aufgespult werden. Das Tragen von Handschuhen ist empfohlen. Diese Prozedur sollte am besten spätestens alle zwei Jahre durchgeführt werden.
Die einfachste, zugleich aber in puncto Qualität auch schlechteste Möglichkeit dafür ist wie bei Dias das Abfilmen der Leinwand. Auch hier gehen Kontraste, Bildschärfe und generell Details verloren, außerdem landen auch die Struktur der Leinwand oder entsprechende Unebenheiten mit auf dem Film. Da die Kamera zudem möglichst nah an der Projektor-Achse aufgestellt sein muss, um Verzerrungen zu vermeiden, wird der auf diesem Wege ohnehin schon schlecht über das Mikrofon der Kamera aufgenommene Ton (sofern vorhanden) zusätzlich von den Geräuschen des Projektors überlagert.
Etwas besser werden die Ergebnisse mit einem Glas-Screen. Dabei wird das Bild über einen Umlenkspiegel von hinten auf den speziellen Glas-Screen projiziert und von vorn abgefilmt. Einflüsse der Leinwand (Körnung, Unebenheiten) entfallen so, außerdem ist der Film gleich richtig herum gespiegelt. Typische Nachteile wie eine von heutigen digitalen Medien abweichende Bildwiederholungsrate oder die Hotspot-Bildung durch die helle Projektorlampe bleiben und die generelle Qualität ist verbesserungswürdig.
Vor- und Nachteile Abfilmen
8-Millimeter-Filmrollen lassen sich wie schon Dias (Ratgeber) theoretisch einzeln je Bild digitalisieren und anschließend wieder zu einem Film zusammensetzen. Der Vorteil dieser Methode ist die Tatsache, dass sie auch bei beschädigtem Filmmaterial angewendet werden kann, zudem ist bei richtiger Anwendung die Qualität anschließend sehr gut. Dafür ist der Aufwand enorm hoch, schließlich muss jedes Einzelbild des Films (meist 18 oder 24 pro Sekunde) einzeln ausgerichtet, gescannt oder fotografiert und eventuell nachbearbeitet werden. Der Aufbau ist dafür ähnlich wie bei Dias (Ratgeber) . Anschließend werden die Einzelbilder dann am PC mit geeigneter Software Stück für Stück wieder zu einem Film zusammengesetzt. Der Ton geht dabei verloren.
Vor- und Nachteile Abfotografieren
Theoretisch funktioniert das auch mit einem Flachbett-Scanner. Dafür sollte wie bei Dias auch hier wieder auf die Durchlicht-Fähigkeit des Scanners geachtet werden, für viele Modelle gibt es entsprechende Aufsätze zur Not auch nachzukaufen. Auch hier ist auf Beschädigung der Filmrollen durch die steigende Temperatur des Scanners zu achten. Probleme machen erneut die nicht regelbare Lichtquelle des Flachbett-Scanners, Reflexionen durch die Scanner-Scheibe und mangelnde Auflösung sowie Dichte/Bilddynamik.
Vor- und Nachteile Flachbett-Scanner
Sind die zu digitalisierenden Filmrollen intakt, geht es aber auch viel einfacher: mithilfe von Filmscannern. Dabei handelt es sich im Prinzip um Filmprojektoren ohne Lichteinheit, stattdessen wird der Film gleich über ein Display angezeigt und ohne PC auf SD-Karte oder USB-Stick gespeichert. Das alles geschieht nach dem Einlegen der Filmrolle vollautomatisch. Dafür ist der Anschaffungspreis einmalig mit über 300 Euro vergleichsweise hoch. Das lohnt sich vor allem dann, wenn viele Filme digitalisiert werden sollen. Ton wird dabei allerdings ebenfalls nicht aufgezeichnet. Je nach Anzahl der Einzelbilder dauert das Digitalisieren von 10 Minuten Film etwa 20 bis 30 Minuten. Da der Vorgang vollautomatisch läuft, ist eine Anwesenheit nach dem Einlegen der Filmrollen theoretisch nicht nötig.
Vor- und Nachteil Filmscanner
Wie bei Dias besteht auch bei Filmrollen die Möglichkeit, diese vom Profi digitalisieren zu lassen. Das kostet je nach Anbieter abhängig von der Länge der Filmrolle oder pro Filmminute, die Preise liegen - abhängig von der Menge des zu digitalisierenden Materials - bei gut 2 Euro pro Minute oder 10 bis 20 Euro pro Filmrolle. Hinzu kommen Extras wie Ton, Reparatur von Klebestellen, Digitalisierung in HD-Qualität oder Reinigung, sodass eine einzelne Filmrolle schnell um 50 Euro und mehr kostet. Dafür ist der Aufwand gleich Null.
Vor- und Nachteile Abgabe an Profi
Video-Kassetten wie VHS oder Betamax können eine Lebensdauer von bis zu 35 Jahren erreichen, die Qualität des Filmmaterials leidet aber normalerweise schon vorher. So verblassen Filme nach und nach durch die Einwirkung von Magnetfeldern, etwa von Lautsprechern oder Elektrogeräten. Außerdem löst sich mit der Zeit die Magnetbeschichtung des Bandes auf.
Optimale Lagerung geschieht daher bei rund 20 Grad Celsius Temperatur und vor Licht geschützt. Auch zu hohe Luftfeuchtigkeit setzt den Kassetten zu, weshalb der Keller eines Altbaus kein guter Lagerplatz ist. Wegen entsprechenden Ablagerungen sollte auch das Band einer Videokassette nicht mit bloßen Fingern angefasst werden. Weiterhin empfiehlt sich die Aufbewahrung in den mitgelieferten Schutzhüllen, um Staub- und Schmutzablagerungen zu vermeiden. Starke Stöße können zudem die Mechanik der Kassetten beschädigen. Eine Reinigung ist ohne Weiteres durch die Installation des eigentlichen Videobandes in eine Hüllenmechanik nicht möglich.
Wer noch einen Videorekorder sein Eigen nennt, kann zum Digitalisieren theoretisch den Film abspielen und per Digitalkamera vom Fernseher abfilmen. Mit Stativ und in dunkler Umgebung verspricht das zumindest auf einem modernen LCD- oder gar OLED-Fernseher bessere Ergebnisse als das Abfilmen von Leinwand bei Dias oder Filmrolle. Adapter oder Umwandler vom alten Scart-Anschluss des Videorecorders auf HDMI für den modernen Fernseher gibt es zahlreich. Zumindest der Ton leidet aber deutlich, da er nur über das (meist eher schwache) Mikrofon der Kamera aufgefangen wird. Manche Recorder verfügen allerdings über entsprechende Ausgänge, die im Optimalfall direkt oder per Adapter in die Kamera einspeisen können.
Vor- und Nachteile
Besser wird das Ergebnis mit Video Grabbern. Anstelle des Fernsehers wird so ein kleines Gerät per Scart angeschlossen. Je nach Gerät werden Inhalte dann direkt ohne PC auf SD-Karte umgewandelt oder per USB mit dem PC verbunden. Je nach Ausführung kann an der Qualität der Aufnahme mittels beiliegender Software herumgeschraubt werden, Wunder sollte man aber nicht erwarten. Das setzt zudem Zeit, Einarbeitung in die Software und einen ausreichend starken PC voraus.
Da die Video Grabber die VHS-Kassette oft in eine AVI-Datei digitalisieren, die als variables Containerformat nicht zwingend auf jedem Abspielgerät wiedergegeben wird, kann eine Umwandlung in MPEG2 oder andere Formate sinnvoll sein. Das übernehmen kostenlose Software-Tools problemlos. Mittels Video Grabber überspielte Videos können beliebig zusammengeschnitten und mit Menüs und Zwischentiteln versehen werden – praktisch. Zudem ist diese Lösung ab rund 10 Euro zu haben und somit sehr günstig. Eventuell kann man auch eine Capture Card nutzen, mehr dazu im Ratgeber Capture Cards: PC- und Konsolespiele aufnehmen .
Vor- und Nachteile Video Grabber
Die zuvor genannten Methoden setzen das Vorhandensein eines funktionsfähigen Video-Abspielgerätes voraus. Alternativ kommen spezielle Videorekorder zum Einsatz, etwa, wenn der eigene Videorekorder längst auf dem Technik-Friedhof gelandet ist. Die wandeln analoges Material von Kassette entweder in DVD oder digitale Dateien um. Der Gebrauch ist hier denkbar einfach: Videokassette rein, Ausgabemedium wählen und auf Überspielen drücken - und schon geht es los. Das dauert in Abhängigkeit der Kassettenaufnahme bis zu zwei Stunden, dann ist der Inhalt aber ohne weiteres Zutun digitalisiert. Das Problem: Solche Geräte sind heute kaum noch zu finden, am erfolgversprechendsten sind Portale, auf denen Gebrauchtware weiterverkauft wird.
Vor- und Nachteile digitaler Videorekorder
Auch das Digitalisieren von Videokassetten übernehmen Profis. Im Schnitt ist hier mit Kosten von um 10 bis 20 Euro pro Kassette zu rechnen, oft kommen da noch Zusatzleistungen hinzu. Vorteil: Manche Fachfirmen bieten auch die Reparatur von Videobändern an, was als Laie kaum möglich ist.
Vor- und Nachteile Abgabe an Profi
Vieles geht, nicht alles ist sinnvoll. So dürfte sich in den meisten Fällen das Digitalisieren eines ursprünglich aus dem Fernsehen aufgenommenen Films weder zeitlich, noch finanziell rentieren - auch wenn das mit rund 10 Euro sehr günstig möglich ist, sofern ein eigener Abspieler vorhanden ist. Da hier die Qualität ohnehin nicht berauschend ist, lohnt eher der Griff zu einer Kauf-DVD oder -Bluray oder ein Blick in die Streaming-Liste eines der großen Anbieter.
Anders sieht es meist bei Filmrollen aus. Da die benötigte Technik damals noch kostspielig war, wurden überwiegend wichtige Anlässe aufgenommen - die Hochzeit der Eltern, die goldene Hochzeit der Großeltern oder andere einmalige Ereignisse. Hier lohnt eine Digitalisierung. Die Überlegung sollte unserer Meinung nach dabei in Richtung Filmscanner oder Abgabe an Profis gehen - abhängig von der Menge des zu digitalisierenden Materials. Der Filmscanner kann später zur Kostensenkung gebraucht weiterverkauft werden.
Wer unbewegte Medien digitalisieren will, sollte einen Blick in unseren Ratgeber: Dias, Fotos und Negative richtig digitalisieren werfen. Ein Ratgeber zum Digitalisieren von Tonbändern und -Kassetten folgt in Kürze.