Sage Barista Touch: Siebträger-Vollautomat im Test
Eine Siebträger-Maschine mit dem Komfort eines Kaffee-Vollautomaten? Im Test überzeugt uns die Sage Barista Touch vom kombinierten Konzept.
Vollautomat gegen Siebträger, das ist bei Kaffee-Fans fast schon eine Glaubensdiskussion. Sage versucht sich mit der Barista Touch an einer Maschine, die die Vorteile beider Welten vereint. Der Siebträger kombiniert Mühle und Brühgruppe in einem Gerät. Wir haben die Kaffeemaschine im Rahmen unserer Themenwelt Vollautomaten getestet.
Direkt nach dem Auspacken fallen sowohl Gewicht wie auch Verarbeitung positiv auf. Die Maschine ist mit knapp 11 kg schwer genug, um wertig zu wirken, aber nicht so schwer, dass man sie nicht vernünftig platzieren kann. Die Verarbeitung ist sauber, auch wenn Plastik als Werkstoff dominiert. Gut gefallen hat uns, dass man die Sage Barista Touch mit wenigen Handgriffen auf- und abbauen kann. Ebenfalls clever: Hinter dem Auffangbehälter ist eine Plastikbox angebracht, in der man das Werkzeug zur Säuberung und Wartung unterbringen kann. So ist alles sauber aufgeräumt und dennoch in Reichweite.
Während der ersten Inbetriebnahme führt das farbige Touch-Display durchs Setup. Das ist verständlich, man kann leicht folgen. Die Maschine erklärt anhand eines Cappuccinos, wie der Mahlgrad angepasst wird, wie man die Mahldauer einstellt, wie man den Siebträger einsetzt und wie man Milch aufschäumt. Zudem gibt es Tipps zur Kaffeequalität. Wie bei den meisten Siebträgern muss man etwas spielen, bis man Mahlgrad und Anpressdruck so heraushat, dass das Wasser in der richtigen Zeit durchläuft.
Besonders gut gefallen hat uns der Milchaufschäumer. Man füllt die mitgelieferte Metallkanne mit Milch bis zur Min-Max-Markierung, stellt sie rechts auf den Sensor und klappt den Aufschäumer herunter. Anschließend schäumt die Maschine die Milch bis zur eingestellten Temperatur und Vorgabe für den Schaum (Frothiness) und schaltet sich ab. Man klappt die Dampflanze nach vorne, nimmt die Kanne heraus und klappt denn Schaumrüssel zurück. Anschließend spült er automatisch durch. Im Testbetrieb klappte das hervorragend und hält die Düse sauber; einmal drüberwischen muss man freilich von Hand.
Das große Touch-Display macht die Bedienung angenehm einfach. Zunächst wählt man sein Getränk, Espresso, Kaffee, Cappuccino oder Flat White sind hinterlegt. Anschließend geht es von links nach rechts: Bohnen in den Siebträger mahlen, Mehl mit dem beigelegten Tamper andrücken, Kaffee brühen und eventuell die Milch schäumen lassen. Jede Option lässt sich anpassen. Die Maschine merkt sich zudem, was man zuletzt eingestellt hat, etwa, wenn man den Mahlgrad der Mühle verändert.
Die eigentliche Brühdauer wird über die Zeit gesteuert. Ein Espresso sollte in etwa 25 bis 35 Sekunden durchlaufen, genauere Informationen und eine Hilfe zur Fehlersuche liefert das Kaffeewiki . In unserem Fall half vor allem das Anpassen des Mahlgrads, um den Bezug zu verbessern. Das geht bequem über das Drehrad auf der linken Seite, der Mahlgrad wird für alle Getränke übernommen.
Neben den eingespeicherten Getränken kann man eigene Rezepte erstellen und speichern. Eine App wie bei der Nivona NICR 789 (Testbericht) gibt es dabei nicht, die Programmierung erfolgt über den Touchscreen. Hier zeigen sich auch ein paar Beschränkungen. Ein Espresso Macchiato etwa scheitert an daran, dass die Milchkanne zu viel Milch macht - hier muss man also entweder die Milch per Hand schäumen oder darauf lauern, dass sich jemand einen Cappuccino oder Flat White macht. Auch das Anpassen der Getränketemperatur geht nicht.
Das Touchdisplay an sich ist brauchbar, aber weit weg von der Reaktionsfreudigkeit aktueller Smartphones. Teilweise kommt es zu einer kurzen Verzögerung, bevor Befehle umgesetzt werden. Für den Einsatz in der Kaffeemaschine ist das aber absolut in Ordnung.
Siebträger machen guten Kaffee – wenn man sie einigermaßen beherrscht. Im Betrieb macht es die Sage Barista Touch dem Nutzer so einfach wie möglich. Dennoch ist sie aufwändiger, als wenn man sich den Kaffee aus einem Vollautomaten zieht. Das Mahlen der Bohnen und vor allem das Anpressen mit dem Tamper verlangt etwas an Übung. Im Test etwa mussten wir die Mahldauer anpassen, um die richtige Menge an Kaffeemehl im Siebträger zu haben. Die zweite Herausforderung ist das Tampern, also das Andrücken des Pulvers. Zu viel Druck und die Extraktion dauert zu lange, zu wenig Druck und der Espresso wird zu schwach. Der mitgelieferte Tamper mit einem Durchmesser von 51 mm ist erfreulich handlich. Mit etwas Übung bekommt man den richtigen Druck hin. Das überschüssige Mehl kann man mit dem Razer abschaben, einer speziellen Karte, die der Maschine beiliegt.
Nach etwas Spielerei beim Mahlgrad, Mahl- und Brühdauer konnten wir im Test dauerhaft exzellenten Espresso beziehen. Wichtig für Freunde des klassischen Kaffees: Auch den kann die Maschine, allerdings nur als großen Americano. Sprich, der starke Espresso wird einfach mit heißem Wasser verdünnt. Das funktioniert gut, allerdings sollte man daher auch beim Kaffee auf Espressobohnen achten. Neben klassischer Milch lieferte uns die Maschine auch mit Hafermilch einen brauchbaren Milchschaum.
Die Maschine bringt eigentlich alles mit, um Kaffee zu brühen. Zwei separat gekaufte Dinge haben uns im Alltag aber deutlich geholfen: Ein Abklopfbehälter und eine Tamping-Station. Gerade der Abklopfbehälter macht es einfach, den Kaffeesatz (übrigens ein exzellenter Pflanzendünger) aus dem Siebträger zu schlagen, ohne dass der Siebeinsatz im Mülleimer landet. Wir nutzen im Test einen kleinen Behälter, den Grindenstein (Preisvergleich ), und können ihn voll empfehlen. Die Tamping-Station dagegen ist reiner Luxus, mit etwas Übung kann man auch auf der Tischplatte den Kaffee vernünftig andrücken.
Was im Test sehr positiv auffiel, ist die kurze Zeit, die die Maschine zum Aufwärmen braucht. Selbst nach einem Wochenende im Stand-By war sie in wenigen Sekunden auf Betriebstemperatur. Das schlägt sich im Strombedarf wieder. Wobei Sage ein durchdachtes Stromsparkonzept fährt. Wenn die Barista One Touch Bohnen mahlt, fallen bis zu 120 W an. Der höchste Bedarf entsteht beim eigentlichen Brühen, hier zieht die Maschine bis 1400 W. Das sind aber nur kurze Peaks, anschließend fällt der Bedarf zunächst auf 10 W, um dann wieder in die 2,7 W des Stand-By-Modus zu gehen. Nach einiger Zeit schaltet sich die Barista Touch dann ganz aus, der Strombedarf geht auf 0 W zurück. Wer noch weiter sparen will, sollte einen intelligenten Zwischenstecker (Ratgeber) nutzen, der das Gerät per Zeitplan etwa nachts komplett vom Netz trennt.
Gegenüber den normalen Vollautomaten fällt auf, wie wenig die One Touch nervt. Hier muss nicht ständig etwas gespült werden, stattdessen sind die Säuberungsvorgänge gut in den normalen Bezug integriert, wie etwa beim Milchschaum. Das geht auch nur, weil eine Dampflanze statt einem Milchschaumsystem zum Einsatz kommt, aber es ist dennoch sehr praktisch. Je nach Härte des Wassers muss man etwas einmal im Monat eine Komplettreinigung durchführen, bei viel Milchschaum sollte man zudem die Dampflanze regelmäßig reinigen.
Jeder Reinigungsschritt zu Spülen, Entkalken, Brühgruppenreinigung und Spülen des Milchaufschäumers wird im Display erklärt. Alle notwendigen Werkzeuge legt Sage bei, vom Blindsiebeinsatz zum Reinigen der Brühgruppe bis zur Nadel, mit der sich die Düse des Milchaufschäumers säubern lässt. Alles in allem konnten wir alle Säuberungsprogramme am Stück in etwa 30 bis 40 Minuten absolvieren. Das ist ein guter Wert, eine halbe Stunde kann man dafür gut investieren.
Ein separater Punkt ist die Sauberkeit um die Maschine herum. Vor allem das Kaffeemehl verteilt sich gerne beim Andrücken, entsprechend kann es nach ein paar Bezügen aussehen. Wir raten daher, die Maschine auf eine abwischbare Oberfläche zu stellen, idealerweise in die Nähe einer Spüle. Zudem sollte man die Tropfschale regelmäßig reinigen, idealerweise täglich. Dort sammeln sich neben den Kaffee- auch die Milchreste, was eine sehr schnelle Schimmelbildung zur Folge hat.
Die Barista Touch schafft den Spagat zwischen Siebträger und Vollautomat extrem gut. Man kann an ihr genügend einstellen, damit Puristen ihren Spaß haben, gleichzeitig hält sich die Frickelei für Casual-Kaffee-Trinker in Grenzen. Neben der Kaffeequalität hat uns vor allem das Konzept rund um den Milchaufschäumer beeindruckt. Das ist deutlich besser gelöst als bei vielen anderen Geräten, die nur eine Dampflanze mitbringen. Auch die Reinigung ist erfreulich einfach gelöst, was die Maschine nicht nur für zu Hause, sondern auch fürs Büro brauchbar macht.
Dennoch gibt es auch ein paar Kritikpunkte. Das Display könnte schneller reagieren. Zudem sind kleinere Milchmengen nicht automatisch möglich, wer Espresso Macchiato trinkt, der muss von Hand Milch schäumen oder bei Cappuccino-Trinkern den Milchrest abgreifen. Das sind aber Kleinigkeiten, alles in Allem hat die Sage Barista Touch einen sehr guten Eindruck hinterlassen – und den einen oder anderen Vorurteil gegenüber Siebträger-Maschinen bei Kollegen ausgeräumt.